Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt heute um 10.00 Uhr im Rahmen einer mündlichen Verhandlung über eine Rechtsbeschwerde in einem Disziplinarverfahren.
Folgender Sachverhalt liegt der Rechtsbeschwerde zugrunde:
Der 2. Wehrdienstsenat hat sich mit dem Internetauftritt einer Kommandeurin in einem Dating-Portal zu befassen. Die im Bereich der Bundeswehr überdurchschnittlich bekannte Kommandeurin stellte in einem Dating-Portal ein Profilbild von sich in sitzender Pose mit erkennbaren Gesichtszügen und unter Verwendung ihres tatsächlichen Vornamens ein. Sie warb mit dem Text: „Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome.“
Nachdem dieses Profilbild dem Disziplinarvorgesetzten der Kommandeurin zugespielt worden war, sprach er ihr gegenüber einen einfachen Verweis aus. Das ist die niedrigste Disziplinarmaßnahme der Wehrdisziplinarordnung. Die Kommandeurin sei ihrer Verpflichtung zum ordnungsgemäßen außerdienstlichen Auftreten nicht gerecht geworden. Nach § 17 SG dürfe eine Soldatin durch ihr Verhalten das Ansehen der Bundeswehr und die Achtung und das Vertrauen, die ihre dienstliche Stellung erforderten, nicht ernsthaft beeinträchtigen.
Das Truppendienstgericht hat diese Disziplinarmaßnahme als rechtmäßig angesehen. Es liege eine vorsätzliche Verletzung dieser außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht vor. Die Kommandeurin habe durch die gewählte Formulierung Zweifel an ihrer moralischen Integrität begründet. Außenstehenden würde der Eindruck vermittelt, dass sie sich selbst und ihre wechselnden Geschlechtspartner zu reinen Sexobjekten reduziere. Dies wirke sich in der Öffentlichkeit negativ auf die Bewertung der moralischen Integrität der Bundeswehr aus. Die Kommandeurin sei auch aufgrund ihres besonderen Bekanntheitsgrades innerhalb der Bundeswehr und in der Region als Soldatin erkennbar gewesen. Daran ändere der Umstand nichts, dass sie ihre Bundeswehrzugehörigkeit nicht erwähnt und dass das Dating-Portal als geschlossenes System nur registrierten Nutzern offen gestanden habe.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Soldatin die Aufhebung des Verweises. Die Disziplinarmaßnahme greife in nicht zu rechtfertigender Weise in ihr Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung ein. Dieses Recht schütze auch alle legalen Handlungen, die der Kontaktaufnahme zu möglichen Sexualpartnern dienten. Die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht sei nicht darauf ausgelegt, in dieses Grundrecht einzugreifen. Auch wenn das Truppendienstgericht vorgebe, dass die „promiskuitive Lebensweise“ der Kommandeurin nicht Gegenstand des Verfahrens sei, werde ihr genau dies letztlich vorgehalten. Ihr Inserat reduziere weder sie selbst noch mögliche Partner zu reinen Sexobjekten. Auch die Ausführungen des Truppendienstgerichts zur Gefahr des Bekanntwerdens ihres Inserats sei nicht nachvollziehbar, weil es sich bei dem Dating-Portal um ein nichtöffentliches „geschlossenes System“ handele. Schließlich sei auch nicht erkennbar, dass durch den Text des Inserats die Gefahr einer „ernsthaften“ Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr bestehe. Im Übrigen habe das Truppendienstgericht illegale Screenshots ihres Profilbilds als Beweismittel verwertet, worin ein unheilbarer Verfahrensfehler liege.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht