Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Berufung nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 8. Oktober 2020 – BVerwG 2 WD 22.19
Leitsatz:
Bei einem sechsmaligen, vorsätzlichen unerlaubten Fernbleiben eines Soldaten vom
Dienst für jeweils einen Tag ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die
Höchstmaßnahme.
Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung:
Regelmaßnahme bei mehrmaligem Fernbleiben von der Truppe (Rn. 13 f.)
In Fällen des vorsätzlichen eigenmächtigen Fernbleibens eines Soldaten von der Truppe ist dies aus spezial- und generalpräventiven Gründen bei einer kürzeren unerlaubten Abwesenheit grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad; bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht wiegt das Dienstvergehen so schwer, dass es regelmäßig die Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder den Ausspruch der sonst gebotenen Höchstmaßnahme indiziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 – 2 WD 16.19 – juris Rn. 13 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall eines wiederholten vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst an sechs über mehr als ein Jahr verteilten einzelnen Tagen hält der Senat als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Höchstmaßnahme für angemessen, die hier nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 WDO in der Aberkennung des Ruhegehalts besteht. Zwar liegt nicht die Fallgruppe einer längeren Abwesenheit vor, weil es an einem zusammenhängenden Zeitraum fehlt und sechs Tage keine längere Dauer begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 – 2 WD 3.17 – Die Bundeswehr 2020, Sept. 2020, S. 80 Rn. 71 m.w.N.). Auch hat der frühere Soldat nicht wiederholt eine eigenmächtige Abwesenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 WStG begangen, da er nicht länger als drei volle Kalendertage durchgehend abwesend gewesen ist. Jedoch besteht aus disziplinarischer Sicht eine Wertungsparallele. Denn sechs Fehltage bewegen sich in der Größenordnung einer zweimaligen eigenmächtigen Abwesenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 WStG. Im Vergleich zu einer ununterbrochenen Abwesenheit von längerer Dauer hat der frühere Soldat zwar an einer geringeren Anzahl von Tagen gefehlt. Während aber bei ersterer die Hemmschwelle zur Fortsetzung infolge des „Gewöhnungseffekts“ immer mehr abnimmt, hat der frühere Soldat aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses die Hemmschwelle zur Verletzung der Kernpflicht zur militärischen Dienstleistung sechs Mal in Folge über ein Jahr hinweg überschritten.
Volltextveröffentlichung der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WD 22.19
BVerwG 2 WD 22.19
TDG Süd 3. Kammer – 29.10.2019 – AZ: TDG S 3 VL 01/17