Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Berufung nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Beschluss des 2. Wehrdienstsenats vom 14. Mai 2019 – BVerwG 2 WD 24.18
Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung:
Regelmaßnahme bei brutaler körperlicher Misshandlung (Rn. 20)
Eine Herabsetzung im Dienstgrad ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei außerdienstlichen Tätlichkeiten, wenn eine brutale körperliche Misshandlung vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2013 – 2 WD 36.12 – juris Rn. 57 m.w.N.). Sie ist anzunehmen, wenn die qualifizierenden Tatbestandsmerkmale nach den §§ 224 bis 227 StGB erfüllt sind (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 – 2 WD 18.11 – Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 37 Rn. 32) oder in der Verletzungshandlung in der Intensität der Schutzgutverletzung eine kriminelle Energie zum Ausdruck kommt, die mit derjenigen einer gefährlichen Körperverletzung vergleichbar ist und die wegen des Maßes an Disziplinlosigkeit in vergleichbarer Weise Zweifel an der Integrität eines Soldaten weckt (BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2013 – 2 WD 21.12 – jurion Rn. 43 und vom 14. März 2019 – 2 WD 22.18 – Rn. 34). Eine Dienstgradherabsetzung ist auch bei mehrfachen Wiederholungen von Körperverletzungen im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB tat- und schuldangemessen (BVerwG, Urteil vom 3. August 2016 – 2 WD 20.15 – juris Rn. 47).
Anforderungen an einen die Disziplinarmaßnahme verschärfenden Wiederholungsfall (Rn. 23)
Ein der Erfüllung des Qualifikationstatbestandes gleichstehender Wiederholungsfall liegt nicht schon dann vor, wenn es – wie hier – innerhalb eines einheitlichen Lebenssachverhaltes zu mehreren Körperverletzungshandlungen kommt. Die eine Dienstgradherabsetzung fordernde Schwere des Dienstvergehens in Form wiederholter außerdienstlicher Tätlichkeiten verlangt vielmehr, dass ein Soldat bei in unterschiedlichen Lebenssachverhalten jeweils in das „Verhaltensmuster“, Gewalt zur Lösung von Konflikten einzusetzen, zurückfällt und dadurch eine Persönlichkeitsstruktur dokumentiert, die ein nachdrücklicheres disziplinarisches Gegenwirken erforderlich macht. Dem stehen mehrere Verletzungshandlungen in ein und demselben Lebenssachverhalt nicht gleich.
Verhängungssperre des § 16 WDO (Rn. 34 f.)
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO darf neben der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO eine Kürzung der Dienstbezüge nicht mehr verhängt werden, weil dies für die Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung nicht erforderlich ist und das Ansehen der Bundeswehr durch das Fehlverhalten auch nicht ernsthaft beeinträchtigt wurde.
Eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr, also ihres „guten Rufs“ bei Außenstehenden, liegt dann vor, wenn der betreffende Soldat als „Repräsentant“ der Bundeswehr oder eines bestimmten Truppenteils anzusehen ist und sein Verhalten negative Rückschlüsse auf die Streitkräfte als Angehörige eines – an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) gebundenen – Organs des sozialen und demokratischen Rechtsstaats Bundesrepublik Deutschland zulässt; hierbei muss die Ansehensschädigung im konkreten Fall tatsächlich eingetreten sein (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2008 – 2 WD 5.07 – Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 3 Rn. 74 m.w.N.). Es gibt vorliegend keinen Hinweis darauf, dass über die Pflichtverletzung in den Medien unter Hinweis auf den Beruf des Täters berichtet worden ist. Eine Ansehensschädigung tritt durch ein Bekanntwerden allein bei den Strafverfolgungsorganen nicht ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2013 – 2 WD 36.12 – juris Rn. 43).
Volltextveröffentlichung der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WD 24.18
BVerwG 2 WD 24.18
TDG Süd 4. Kammer – 28.05.2018 – AZ: TDG S 4 VL 1/17