Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Berufung nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 05. Dezember 2019 – BVerwG 2 WD 29.19
Leitsätze:
1. Versucht ein Soldat über die Einstellungsvoraussetzungen für die Übernahme ins Berufssoldatenverhältnis zu täuschen, ist nach der Wertung des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SG die disziplinare Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
2. Wird zu diesem Zweck die E-Mail eines Dritten über die Abnahme von Prüfungsleistungen manipuliert, kann zugleich eine strafbare Verfälschung beweiserheblicher Daten im Sinne von § 269 Abs. 1 StGB vorliegen.
Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung:
Strafbarkeit und Dienstpflichtverletzung der Manipulation von E-Mails (Rn. 17)
Zudem hat die frühere Soldatin gegen die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 SG verstoßen, die Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, vor allem zur Beachtung der Strafgesetze, verlangt (vgl. z.B. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 – 2 WD 7.08 – Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 29 und vom 1. Februar 2012 – 2 WD 1.11 – Buchholz 449 § 7 SG Nr. 57 Rn. 50 ff). Hinsichtlich der Vorlage der beiden gefälschten Prüfkarten für das Sportabzeichen hat die frühere Soldatin eine zweifache Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB (in Form des Gebrauchs unechter Urkunden) begangen. Die ebenfalls im Tatzusammenhang stehende Manipulation der E-Mail hat das Truppendienstgericht zutreffend als strafbare Fälschung beweiserheblicher Daten im Sinne von § 269 Abs. 1 StGB eingeordnet. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine verfälschte Urkunde vorliegen würde oder wer derart veränderte Daten gebraucht. Dies kann insbesondere auch durch Manipulation von E-Mails erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2017 – 4 StR 141/17 – juris Rn. 9; Heine/Schuster in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019 § 269 Rn. 14). Die frühere Soldatin hat die ihr zum Beweis ihrer sportlichen Leistungen im Kleiderschwimmen zugesandte E-Mail zur Täuschung im Rechtsverkehr so verändert, dass bei der Wahrnehmung dieser Daten eine verfälschte Erklärung vorlag. Die Erklärung würde – in Papierform abgegeben – alle Urkundseigenschaften (erkennbarer Aussteller, verkörperte Gedankenerklärung, Beweiseignung und -bestimmung) erfüllen. Die ausgedruckte Vorlage dieser manipulierten E-Mail ist als Gebrauchmachen von verfälschten Daten ebenfalls strafbar.
Regelmaßnahme bei Abgabe unwahrer Erklärungen und dadurch hervorgerufener beruflicher oder finanzieller Besserstellung (Rn. 20)
Auf der ersten Stufe wird im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als „Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen“ bestimmt. Danach hat sich ein Vorgesetzter, der gegenüber seinen Vorgesetzten oder Dienststellen der Bundeswehr unwahre Erklärungen abgegeben hat, in seinem Status disqualifiziert und deshalb grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung verwirkt; hat er sich durch die unwahren Angaben eine ungerechtfertigte berufliche oder finanzielle Besserstellung erschleichen wollen, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die disziplinarische Höchstmaßnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2015 – 2 WD 15.14 – juris Rn. 77). Diese Ersteinstufung greift insbesondere in Fällen, in denen ein Soldat durch arglistige Täuschung über Einstellungsvoraussetzungen z.B. seine Berufung in das Dienstverhältnis eines Zeit- oder Berufssoldaten oder eine Dienstzeitverlängerung erschleichen wollte. Dementsprechend bestimmt auch § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SG, dass ein Berufssoldat zu entlassen „ist“, wenn er seine Ernennung durch arglistige Täuschung herbeigeführt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2011 – 2 WD 4.10 – Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 7 Rn. 45). Daher ist auch hier die disziplinare Höchstmaßnahme – vorliegend gemäß § 58 Abs. 3 Nr. 2 WDO die Aberkennung des Ruhegehalts – Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
Volltext der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WD 29.18
BVerwG 2 WD 29.18
TDG Süd 5. Kammer – 26.09.2018 – AZ: TDG S 5 VL 52/15