Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Berufung nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 14. Januar 2021 – BVerwG 2 WD 7.20

Leitsatz:
Ein Soldat, der auf einer Feier in einer Bundeswehrliegenschaft den Hitlergruß ausführt, verletzt seine Pflicht nach § 8 Alt. 2 SG, durch sein gesamtes Verhalten für die
Einhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten; ein solches
Verhalten ist disziplinarisch im Regelfall mit einer Dienstgradherabsetzung zu ahnden

Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung:

Anforderungen an die Pflicht für die Einhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten gem. § 8 II SG (Rn. 28)

Er hat vorsätzlich seine Pflicht nach § 8 Alt. 2 SG verletzt, durch sein gesamtes Verhalten für die Einhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten. Diese Verpflichtung geht weiter als die Pflicht zur Anerkennung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gemäß § 8 Alt. 1 SG. Sie wird bereits verletzt, wenn ein Soldat sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Wer – wie der Soldat – auf einer Feier in einer Bundeswehrliegenschaft den Hitlergruß ausführt, verherrlicht aus Sicht eines neutralen Betrachters die Gewalt- und Willkürherrschaft des Nazi-Regimes, begründet objektiv den Anschein, er stehe nicht mehr hinter dem Staat des Grundgesetzes, und verletzt damit die Pflicht, sich von derartigen Bestrebungen zu distanzieren (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2002 – 2 WD 35.01 – Buchholz 236.1 § 8 SG Nr. 4 S. 23 f. <Rn. 4>, vom 22. Oktober 2008 – 2 WD 1.08 – BVerwGE 132, 179 Rn. 54 und vom 23. März 2017 – 2 WD 16.16 – juris Rn. 66 f., jeweils zum Ausführen des Hitlergrußes in der Öffentlichkeit).

Regelmaßnahme für Erweisen des „Hitlergrußes“ (Rn. 35)

Erweist ein Soldat den „Hitlergruß“, ohne dass damit eine entsprechende Gesinnung einhergeht, hält der Senat regelmäßig eine Dienstgradherabsetzung für geboten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 – 2 WD 17.19 – NZWehrr 2021, 20 LS 2 und Rn. 46 m.w.N.). Denn ein derartiges Verhalten vermittelt den Eindruck einer hohen Identifikation mit dem Nationalsozialismus und erscheint Außenstehenden gegenüber als Ausdruck der Verehrung des Führers des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. In strafrechtlicher Hinsicht errichtet § 86a StGB insoweit als abstraktes Gefährdungsdelikt ein kommunikatives „Tabu“ und verbannt entsprechende Kennzeichen grundsätzlich aus dem Bild des politischen Lebens (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 2 BvR 2202/08 – NJW 2009, 2805 Rn. 13). In disziplinarischer Hinsicht ist es entsprechend verwerflich, ohne verfassungsfeindliche Gesinnung nationalsozialistische Kennzeichen in Bundeswehrliegenschaften zu verwenden. Derartige Kennzeichen sollen nicht nur im öffentlichen Bereich insgesamt, sondern auch innerhalb der Bundeswehr grundsätzlich verbannt werden.

Volltextveröffentlichung der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WD 7.20

BVerwG 2 WD 7.20
TDG Nord 2. Kammer – 10.10.2019 – AZ: TDG N 2 VL 41/19

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