Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Beschwerde nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Beschluss des 2. Wehrdienstsenats vom 28. Januar 2022 – BVerwG 2 WDB 13.21
Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung:
Verlust des Reservedienstgrades durch strafrechtliche Verurteilung (Rn. 8 ff.)
Das Reservewehrdienstverhältnis, für das gemäß § 58a SG vorrangig das Reservistengesetz gilt, ist zwar kraft Gesetzes gemäß § 12 Nr. 4 ResG i.V.m. § 48 Satz 1 Nr. 2 SG beendigt worden, weil der frühere Soldat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden ist. Dieser Umstand hat jedoch nicht zugleich den Verlust des Dienstgrades bewirkt, weil es dafür gemäß § 26 Satz 1 SG einer gesetzlichen Regelung wie § 49 Abs. 2 SG bedurft hätte, an der es jedoch mangels einer entsprechenden Verweisung des Reservistengesetzes fehlt (Hucul, in: Eichen/Metzger/Sohm, SG, 4. Aufl. 2021, Anhang zu § 58a, dort zu § 12 ResG, Rn. 56).
Dies ist auch folgerichtig, weil sich der Verlust des Dienstgrades bei einem früheren Soldaten auf Zeit, der seinen Dienstgrad gemäß § 2 Abs. 1 ResG mit dem Zusatz „d.R.“ führt, wegen der Verweisung in § 57 Abs. 1 SG nach § 53 Abs. 1 SG richtet. Dabei ist § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SG nicht anwendbar, weil die Tat nicht vor dem Ende des Dienstverhältnisses begangen worden ist. Vielmehr ist § 53 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 Buchst. a SG maßgeblich, weil das Dienstverhältnis, nach dessen Beendigung die Tat erfolgt sein muss, das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit (§ 54 SG) und nicht – wie vom Truppendienstgericht angenommen – das letzte Dienstverhältnis als Wehrübender ist. Der frühere Soldat hätte demnach nur dann kraft Gesetzes seinen (Reserve-)Dienstgrad verloren, wenn er zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden wäre.
Für die Orientierung an der Dienstzeit, die der Soldat als Soldat auf Zeit erbracht hat, spricht – wie von der Beschwerde zutreffend betont – bereits der Wortlaut des § 57 Abs. 1 SG, der ausdrücklich von den Folgen einer Verurteilung spricht, die nach Beendigung des Dienstverhältnisses als Soldat „auf Zeit“ erfolgt ist. Hinzu tritt, dass § 53 Abs. 2 SG, auf den § 57 Abs. 1 SG verweist, § 30 Abs. 2 WPflG ausdrücklich für unanwendbar erklärt und damit eine Anknüpfung an eine Freiheitsstrafe nur von einem Jahr (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 WPflG) gerade untersagt. Aber auch Sinn und Zweck der Regelungen, denen der Senat bereits in einer früheren Entscheidung maßgebliche Bedeutung beigemessen hat (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 1988 – 2 WD 48.86 – BVerwGE 83, 379 <382>), sprechen für dieses Verständnis. Es ist nicht einsichtig, warum eine relativ kurze Wehrübung das nach dem Ausscheiden aus dem Dienst stark gelockerte Verhältnis zum Bund wieder so intensivieren sollte, dass eine nachteilige Rechtsfolge eintritt, die nur bei einem während des aktiven Dienstes begangen Dienstvergehens vorgesehen ist.
Soweit das Truppendienstgericht zur Begründung seiner abweichenden Rechtsauffassung auf die Kommentierung von Lucks (in: Scherer/Alff/Poretschkin/Lucks, SG, 10. Aufl. 2018, § 53 Rn. 2) verweist, geht der Verweis ins Leere. Dort wird lediglich dargelegt, dass von § 53 Abs. 1 Nr. 1 SG auch Taten erfasst werden, die bereits vor und somit nicht nur während des Dienstverhältnisses begangen worden sind.
Volltext der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WDB 13.21
BVerwG 2 WDB 13.21
TDG Süd 5. Kammer – 19.10.2021 – AZ: TDG S 5 VL 38/18