Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Beschwerde nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Beschluss des 2. Wehrdienstsenats vom 17. Februar 2020 – BVerwG 2 WDB 6.19

Leitsätze:

1. Das generelle Verbot einer elektronischen Containersignatur in § 4 Abs. 2 ERVV begründet keine verfassungsrechtlich bedenkliche unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu den Gerichten.

2. Die Heilung eines Übermittlungsmangels ist nach § 55a Abs. 6 Satz 2 VwGO nicht möglich, weil sich dessen Anwendungsbereich auf die Bearbeitungsmöglichkeit des Dokuments beschränkt (wie BSG, Beschluss vom 9. Mai 2018 – B 12 KR 26/18 B – NJW 2018, 2222 <2223>).

3. Das Verschulden des Verteidigers an einer Fristversäumung ist dem Angeschuldigten im wehrdisziplinargerichtlichen Verfahren nicht zuzurechnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 2 WDB 7.13  – juris Rn. 7). An einem eigenen Verschulden des Angeschuldigten fehlt es, wenn eine nicht den Vorgaben der ERVV entsprechende Übermittlung eines Berufungsschriftsatzes durch den Verteidiger in Rede steht.

Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung

Berufungsfrist und Einreichung der Berufungsschrift als elektronisches Dokument (Rn. 6)

Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 WDO ist die Berufung bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung des Urteils des Truppendienstgerichts bei den in § 116 Abs. 1 WDO benannten Stellen und gemäß § 116 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 112 Satz 1 WDO schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Wehrdienstgerichts einzulegen. Dabei ist es gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 55a Abs. 1 Satz 1 VwGO auch zulässig, sie nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronisches Dokument einzureichen. Die nach § 55a Abs. 2 Satz 2 VwGO bestehende Ermächtigung an die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung die für die Übermittlung und Bearbeitung der elektronischen Dateien geeigneten technischen Rahmenbedingungen zu regeln, ist durch die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) vom 24. November 2017, BGBl. I, 3803, geändert durch Verordnung vom 9. Februar 2018 (BGBl. I, 200), in Anspruch genommen worden.

Verfahren des Truppendienstgerichts bei Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Rn. 11)

 Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zulässig. Zwar hätte der Kammervorsitzende wegen der Fristversäumnis nach § 117 Satz 1 WDO die Berufung durch Beschluss als unzulässig verwerfen müssen und nicht lediglich die Sache durch Verfügung dem Bundesverwaltungsgericht vorlegen dürfen. Aus prozessökonomischen Gründen und wegen des Beschleunigungsgebots (§ 17 Abs. 1 WDO) ist das Fehlen einer solchen formalisierten Entscheidung nach § 117 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 1 WDO, § 46 Abs. 1 StPO jedoch unschädlich (BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juli 2005 – 2 WDB 2.05 – S. 3 f. und vom 11. Dezember 2013 – 2 WDB 7.13 -, juris Rn. 6) und die sachliche Zuständigkeit des Senats nach § 120 Abs. 1 Nr. 1 WDO gegeben.

Volltext der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WDB 3.18

BVerwG 2 WDB 3.18

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