Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Beschwerde nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Beschluss des 2. Wehrdienstsenats vom 8. Januar 2020 – BVerwG 2 WDB 4.19

Leitsatz:

Ist die Berufungsfrist nach § 115 Abs. 1 Satz 1 WDO nach der Aktenlage nicht offensichtlich gewahrt, muss in einem Wiedereinsetzungsantrag angegeben werden, wann der Antragsteller selbst – nicht sein Verteidiger – Kenntnis vom Wegfall des Hindernisses, das der Fristwahrung entgegenstand, erlangt hat.

Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung

Verfahren bei unzulässiger Berufung und Wiedereinsetzungsantrag (Rn. 3)

Zwar hätte der Vorsitzende der Truppendienstkammer wegen der Fristversäumnis die Berufung zunächst nach § 117 Satz 1 WDO durch Beschluss als unzulässig verwerfen müssen und erst dann den Wiedereinsetzungsantrag zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht weiterleiten dürfen. Aus prozessökonomischen Gründen und wegen des Beschleunigungsgebots (§ 17 Abs. 1 WDO) ist aber das Fehlen einer solchen formalisierten Entscheidung nach § 117 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 1 WDO, § 46 Abs. 1 StPO unschädlich und die sachliche Zuständigkeit des Senats nach § 120 Abs. 1 Nr. 1 WDO gegeben (BVerwG, Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 – 2 WDB 7.13 – juris Rn. 6 und vom 7. September 2018 – 2 WDB 3.18 – BVerwGE 163, 89 Rn. 11).

Zulässigkeitsvoraussetzungen des Wiedereinsetzungsantrags, insbesondere Kenntnis des Soldaten vom Wegfall des Hindernisses (Rn. 5 f.)

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 und 2 WDO i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses – hier der Kenntnis vom Nichteingang der Berufungsschrift vom 8. August 2019 beim Truppendienstgericht – zu stellen. Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Betroffene persönlich Kenntnis vom Wegfall des Hindernisses erlangt hat; auf die Kenntnis seines Verteidigers kommt es hingegen nicht an (vgl. Dau/Schütz, WDO, Kommentar 7. Aufl. 2017, § 91 Rn. 18; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, Kommentar 62. Aufl. 2019, § 45 Rn. 3). Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen.

Jedenfalls in den Fällen, in denen – wie hier – die Frist des § 91 Abs. 1 Satz 1 und 2 WDO i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO nach der Aktenlage nicht offensichtlich gewahrt ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass der Antragsteller mitteilt, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Antragsteller nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2016 – 3 StR 444/16 – StraFo 2017, 66 Rn. 3). Die Angaben zu dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller selbst vom Wegfall des Hindernisses erfahren hat, müssen innerhalb der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags gemacht werden, weil sie Voraussetzung für die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags sind; später können nur noch rechtzeitig vorgetragene Zulässigkeitsvoraussetzungen ergänzt und verdeutlicht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2016 – 3 StR 444/16 – StraFo 2017, 66 Rn. 5).

Volltext der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WDB 4.19

BVerwG 2 WDB 4.19
TDG Süd 4. Kammer – 25.06.2019 – AZ: TDG S 4 VL 27/18

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