Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Beschwerde nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Beschluss des 2. Wehrdienstsenats vom 28. Januar 2022 – BVerwG 2 WDB 7.21

Entscheidung:

Formelle und materielle Voraussetzungen einer Einbehaltensanordnung im Sinne des 3 126 II WDO (Rn. 14,15)

Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Einbehaltensanordnung beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO und wurde in der Einleitungsverfügung unter Berücksichtigung der ergänzenden Erwägungen der Einleitungsbehörde im Bescheid vom 24. Februar 2020 und der sie gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 WDO analog im Beschwerdeverfahren vertretenden Wehrdisziplinaranwaltschaft in der Beschwerdebegründung ausreichend begründet (vgl. §§ 39, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG).

In materieller Hinsicht setzt eine Einbehaltensanordnung nach § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO neben einer rechtswirksamen Einleitungsverfügung voraus, dass im gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die Höchstmaßnahme erkannt werden wird. Zudem muss das behördliche Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2020 – 2 WDB 9.20 – juris Rn. 17).

Begriff der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ im Sinne des § 8 SG (Rn. 23, 24)

Denn der Begriff „freiheitliche demokratische Grundordnung“ in § 8 SG ist identisch mit dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wie er bezogen auf Art. 21 Abs. 2 GG konturiert worden ist. Daraus folgt eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 – BVerfGE 144, 20 Rn. 535). Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffsinhalts ist danach die Würde des Menschen und das Demokratieprinzip, für das die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller am politischen Willensbildungsprozess sowie die Rückbindung der Ausübung von Staatsgewalt an das Volk maßgeblich ist. Schließlich erfasst der Begriff den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und insbesondere das staatliche Gewaltmonopol (BVerwG, Urteil vom 28. September 2021 – 2 WD 11.21 – juris Rn. 36).

Mit der Pflicht aus § 8 SG ist insbesondere ein Verhalten unvereinbar, das objektiv geeignet oder gar darauf angelegt ist, die Ziele des NS-Regimes zu verharmlosen sowie Kennzeichen, Symbole oder sonstige Bestandteile der NS-Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen. Der Treuepflicht zum Grundgesetz widersprechen somit alle Bestrebungen, die objektiv oder subjektiv darauf angelegt sind, im Sinne der „nationalsozialistischen Sache“ zu wirken. Dementsprechend liegt eine Verletzung der Pflicht nach § 8 SG unter anderem dann vor, wenn ein Soldat Ausdrücke oder Redewendungen verwendet, die – wie vorliegend – auf Sympathien zum NS-Regime (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 – 2 WD 17.19 – BVerwGE 168, 323 Rn. 38 ff. m.w.N.) oder gar auf die Leugnung deutscher Staatlichkeit in Verbindung mit der Rechtfertigung von Angriffen auf ihre Repräsentanten schließen lassen (vgl. zu Beamten: BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2021 – 2 A 7.21 -; BayVGH, Urteil vom 28. Juli 2021 – 16a D 19.989 – juris Rn. 60). Dass Äußerungen dieser Art nicht zugleich strafrechtliche Relevanz erlangt haben, nimmt ihnen nicht ihre disziplinarische Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 31. März 2020 – 2 WDB 2.20 – Buchholz 450.2 § 126 WDO 2002 Nr. 11 – Rn. 25).

Volltext der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WDB 7.21

BVerwG 2 WDB 7.21
TDG Süd 7. Kammer – 22.07.2021 – AZ: TDG S 7 GL 03/20

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