Bundesverwaltungsgericht entscheidet über eine Berufung nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) – Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 6. Oktober 2021 – BVerwG 2 WD 3.21

Hervorzuhebende Auszüge aus der Entscheidung:

Regelmaßnahme bei unerlaubtem Fernbleiben von der Truppe bei kürzerer / längerer Abwesenheit (Rn. 17 f.)

In Fällen des vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens eines Soldaten von der Truppe ist dies bei einer kürzeren unerlaubten Abwesenheit grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad; bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht wiegt das Dienstvergehen so schwer, dass es regelmäßig die Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder den Ausspruch der sonst gebotenen Höchstmaßnahme indiziert. Dabei hat der Senat zur Abgrenzung einer kürzeren von einer längeren Abwesenheit den Zeitraum herangezogen, der durch den jährlich zustehenden Urlaubszeitraum von 30 Tagen nach § 1 Satz 1 Soldatinnen- und Soldatenurlaubsverordnung i.V.m. § 5 Abs. 1 EUrlV abgedeckt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2020 – 2 WD 4.20 – juris Rn. 21 f. m.w.N.).

Bei einem längeren oder wiederholten Fernbleiben während einer Berufsförderungsmaßnahme am Ende der Dienstzeit lässt es der Senat demgegenüber grundsätzlich bei der Dienstgradherabsetzung bewenden, weil die dienstlichen Nachteile regelmäßig geringer sind als diejenigen, die für die Truppe durch das eigenmächtige Fernbleiben eines in der aktiven Dienstleistung stehenden Soldaten ausgelöst werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 – 2 WD 16.19 – juris Rn. 14 m.w.N.). Entsprechendes gilt, wenn der Soldat einer Berufsförderungsmaßnahme kurz vor Ende seiner Dienstzeit, an die sich bis zum Dienstzeitende noch eine weitere mehrmonatige Berufsförderungsmaßnahme anschließt, dem Dienst länger – wie hier – oder wiederholt unerlaubt fernbleibt.

Erschwerender Umstand der Vorgesetzenstellung (Rn. 22):

Zudem hatte der frühere Soldat als Oberfeldwebel eine Vorgesetztenstellung inne (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VorgV). Nach § 10 SG war er damit zu vorbildlicher Pflichterfüllung verpflichtet. Wer in dieser Stellung eine Pflichtverletzung begeht, gibt ein schlechtes Vorbild ab, was das Gewicht seines Dienstvergehens erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2020 – 2 WD 20.19 – juris Rn. 40 m.w.N.). Nicht erforderlich ist, dass es der frühere Soldat innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es genügt das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrads (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 2021 – 2 WD 7.20 – NVwZ-RR 2021, 770 Rn. 40 m.w.N.).

Keine Maßnahmemilderung durch überlange Verfahrensdauer bei Ausspruch der Höchstmaßnahme (Rn. 27):

Ist – wie hier – wegen einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses die Höchstmaßnahme zu verhängen, kann auch eine etwaige verfassungs- und konventionswidrige Überlänge des Disziplinarverfahrens nicht maßnahmemildernd wirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2020 – 2 WD 4.20 – juris Rn. 58 m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Höchstmaßnahme bereits Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist oder – wie hier – erst nach einer Gesamtwürdigung der Bemessungskriterien auf der zweiten Stufe der Zumessungserwägungen geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 – 2 WD 16.19 – juris Rn. 20 m.w.N.).

Volltextveröffentlichung der Entscheidung auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts: 2 WD 3.21

BVerwG 2 WD 3.21
TDG Süd 5. Kammer – 13.11.2019 – AZ: TDG S 5 VL 2/17

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